Wo einst die NZZ ihre Zeitungen druckte, ist heute ein lebendiger Innovations- und Wissenscampus entstanden. JED vereint industrielle Geschichte mit moderner Architektur und bietet Raum für Grossunternehmen, Start-Ups, Forschung, Sport – und bleibende Events.
Albert Schweizer, langjähriger Standortförderer der Stadt Schlieren, kennt die Entwicklung des Areals von Anfang an. Im Interview spricht er über die Rolle von JED in der Stadtentwicklung, die Herausforderungen und Chancen im Limmattal – und warum Orte wie JED entscheidend sind, wenn es um mehr als nur Raum, sondern um Wirkung geht.
Herr Schweizer, seit über 25 Jahren begleiten Sie die Transformation Schlierens – welche Highlights liegen Ihnen in all den Jahren persönlich am Herzen – und wie oft mussten Sie sich dabei selbst neu erfinden?
Das grösste und wichtigste Highlight war im Jahr 1999 die Einführung einer Anlaufstelle "Wirtschaftsförderung" als eine der ersten Städte im Kanton Zürich – mit Ausnahme von Zürich und Winterthur. Seither darf ich diese Anlaufstelle leiten. Weitere Höhepunkte waren die Ansiedlungen von nationalen Hauptsitzen in Schlieren, etwa von Sony, Mercedes-Benz Schweiz AG, Fiat Schweiz, Roche, Heiq und VirtaMed. Auch die Ansiedlung von Porsche Zürich war ein Highlight für mich, auch wenn der Hauptsitz nicht in Schlieren ist. Neu erfinden musste ich mich eigentlich nie.
Was war der mutigste Entscheid der Stadt in den letzten zwei Jahrzehnten – und wie viel Mut braucht es heute noch?
Der Entscheid, die Industriezone nördlich des Bahnhofs in die Wohnzone "am Rietpark" umzuzonen, war mutig. Denn neben Arbeitsplätzen braucht es auch Wohnraum. Heute ist hingegen vieles streng normativ. Ich wünsche mir auf allen Ebenen wieder etwas mehr Mut.
Welche Faktoren haben dabei am meisten zum Standorterfolg beigetragen?
Der Faktor, dass Schlieren nicht nur ein Arbeitsort, sondern auch ein Wohnort ist, hat einiges am Image Schlierens verbessert und war und ist immer noch ein riesiger Standorterfolg. Ebenso positiv wirkt sich aus, dass namhafte Investoren wie die Swiss Prime Site in Schlieren investiert sind, beispielsweise im JED.
Der JED Campus gilt vielen als Herzstück der städtischen Transformation. Wie sehen Sie seine Rolle aus Sicht der Stadtentwicklung?
Der JED Campus ist ein weiterer Meilenstein in der Stadtentwicklung. Dort, wo die Altlasten der Wagonsfabrik deponiert waren, ist heute ein Nukleus in Sachen Architektur, Haustechnik und innovativer Nutzung entstanden. Der JED Campus ordnet sich ideal in den ganzen JED-Kosmos ein mit JED Events und den Firmen Zühlke und Halter. Wir von der Stadt staunen, dass nun mit FlexOffice und SuperLab Suisse im JED Campus so hochwertige und innovative Arbeitsplätze entstanden sind. Eine grossartige Entwicklung!
JED Events zieht internationale Marken und kreative Köpfe an – profitieren davon auch die umliegenden Quartiere? Gibt es eine bewusste Strategie der Stadt, solche „urbanen Plattformen“ zu unterstützen – oder bleibt das Privatexpertise?
JED Events gehört bereits zur Stadt Schlieren wie Mercedes, Sony und andere namhafte Marken. JED Events bringt wie kein zweiter Ort in unserer Stadt internationale und nationale Events wie Swiss Ski und sogar Bundesräte nach Schlieren. Wir unterstützen JED Events nach unseren Möglichkeiten – wo und wann auch immer!
Was wünschen Sie sich von den Betreibern von JED Events – im Sinne eines echten Schulterschlusses?
Wünsche können wir nicht anbringen, aber Ideen! Um die physische Distanz zwischen dem Stadthaus und dem JED zu verkürzen, braucht es periodischen Austausch, städtische Events im JED und eventuell eines Tages eine Abendgastronomie.
Wie relevant ist das Eventgeschäft für eine Stadt wie Schlieren – wirtschaftlich, sozial, kommunikativ?
Das Eventgeschäft ist in allen Belangen relevant: Es schafft Arbeitsplätze, der Name Schlieren wird positiv wahrgenommen und Lieferanten aus der Region können profitieren – selbst der Blumenlieferant aus Schlieren!
Kann ein einziger guter Event mehr für die Stadtmarke tun als eine städtische Kampagne? Haben Sie Beispiele?
Es gibt nicht den Event, der über alles hinausragt. Jede noch so kleine oder grosse Veranstaltung ist aus städtischer Sicht herzlich willkommen. Ein Highlight wird das Jahreskonzert des Musikvereins Harmonie Schlieren in der grossen JED Halle sein, erstmalig und hoffentlich nicht letztmalig.
Was braucht es aus Ihrer Sicht, damit Veranstalter die Stadt nicht nur als Ort, sondern als Partner begreifen – und wäre es denkbar, dass Schlieren künftig auch selbst Events co-kuratiert oder mitträgt?
Ich glaube, es braucht Zeit und Durchhaltewillen bei JED Events. Viele Veranstalter schätzen den Ort und JED Events schon jetzt. Dass die Stadt selbst als Kuratorin auftreten wird, erachte ich als wenig wahrscheinlich. Wo wir uns jedoch einbringen könnten, sind grosse Events im Rahmen unserer beiden Top-Cluster Biotech und Medtech. Was es auch braucht, sind Treffen unter den Schlieremer Eventlokal-Anbietern wie startup space, Salmen und JED Events.
Welche Mehrwerte sehen Sie ganz konkret für Eventplaner:innen – welche Top-Argumente sprechen für Schlieren als Veranstaltungsort?
Für Schlieren als Top-Veranstaltungsort sprechen die idealen Anbindungen an den öffentlichen Verkehr, der Wirtschaftsstandort mit seinen 1'380 Firmen, die Startup-, Biotech- und Medtech-Szene und der historische Standort vom JED per se.
Schlieren haftet etwas das Etikett „urban, aber unsexy“ an – wie gehen Sie mit dieser Fremdwahrnehmung um, und wie stark beeinflussen solche Narrative das Stadtimage?
Das Narrativ von "urban, aber unsexy" haben wir doch schon verloren! Die Ankunftsqualität am Bahnhof Schlieren hat sich durch die neue Begegnungszone, die diesen Sommer eingeweiht wurde, massiv verbessert. Vorbei sind auch die Zeiten von unschönen Unterführungen und defekten Liftanlagen am Bahnhof. Nun müssen wir mit gezieltem Stadtmarketing – auch zusammen mit JED Events – Werbebotschaften entwickeln und umsetzen.
Wie wichtig ist es, dass ein Ort wie Schlieren stolz auf sich sein darf – jenseits der reinen Statistik?
Es ist enorm wichtig, dass sich sowohl die "Ur-Schlieremerinnen und Ur-Schlieremer" als auch Neuzugezogene in der Stadt wohlfühlen. Dazu können und müssen die Schulen und eine agile Stadtverwaltung beitragen.
Welche Rolle werden Orte wie der JED Campus in einem Zukunftsbild von 2035 spielen – als Eventlocation, als Cluster, als Begegnungsort?
Areale wie JED Campus, amRietpark, Schlieren NORD OST und weitere werden im "Zukunftsbild 2035" eine immer wichtigere Rolle spielen – sei es als Arbeitsplatzgebiet, als Event- oder auch Wohngebiet. Der JED Campus spielt eine entscheidende Rolle im Biotech-Cluster im Wagi-Areal neben dem Medtech-Cluster in Schlieren NORD OST. Die beiden Areale sollen bis circa 2030 mit einer Bahnunterführung für Velos und Fussgänger miteinander verbunden werden. Bis zu diesem Zeitpunkt wird der JED Campus auch an die Velobahn angeschlossen.
Und zum Schluss: Wenn Sie heute ein Festival für die Stadt kuratieren dürften – worum würde es gehen?
Wir kuratieren ja bereits alle vier Jahre das 10-tägige Schlierefäscht im Stadtzentrum. In der nächsten Durchführung 2027 darf der JED Campus respektive JED Events keinesfalls fehlen! Fazit: JED hat bereits einen grossen Namen. Dieser kann und muss stetig weiterentwickelt werden. Die Standortförderung der Stadt Schlieren wird ihren Beitrag leisten.